Berthold AG

Unsere weiteren Ergebnisse…

… präsentierten wir am 11.03.2019 im Rahmen einer Veranstaltung zum 90. Todestag von Oscar Jolles.

Oscar Jolles war jüdischer Herkunft und von 1900 bis zu seinem Tod am 11.03.1929 leitender Direktor der Schriftgießerei H. Bertold AG, in dem Gebäude des jetzigen Mehringhofes.

Dass uns heute eine Vielzahl von aufwändig gestalteten Druckwerken über das Schriftgießereigewerbe zur Verfügung steht, ist zu einem bedeutenden Teil das Verdienst Oscar Jolles’. Und dass das Gießen von Bleilettern keine Nebensächlichkeit war, dafür legt eine Vielzahl schöner Druckwerke der Berthold AG ein beredtes Zeugnis ab. Ein Meisterwerk ist das von Joseph Tscherkassy gestaltete Musterbuch hebräischer Schriften, welches ohne das Engagement Oscar Jolles’ nicht denkbar gewesen wäre. Mit diesem Musterbuch, der Frank-Rühl-Hebräisch aus dem Hause Berthold und der Mitgliedschaft Jolles’ in der Soncino-Gesellschaft verbindet sich das Gedenken an Oscar Jolles auch mit dem Erinnern an einen Teil der glanzvollen deutsch-jüdischen Kultur der Kaiserzeit und Weimarer Republik.


In der Berliner Woche gibt es einen Artikel zur Veranstaltung:
Berliner Woche: Schulprojekt erinnert an Oscar Jolles von Thomas Frey

Unser SfE-Arbeitskreis zur Geschichte der Messinglinienfabrik und Schriftgießerei H. Berthold AG

Im März 2013 erschien im Tagesspiegel ein Artikel, der sich mit dem Thema Zwangsarbeit im Berliner Stadtteil Kreuzberg auseinandersetzte. In einer Auflistung ehemaliger Standorte, in denen während der Zeit des Nationalsozialismus Zwangsarbeiter*innen beschäftigt wurden, taucht u.a. das Gebäude des Mehringhofes auf, also dem Sitz unserer Schule für Erwachsenenbildung.
Aufgrund des Beitrages, hat sich die Idee entwickelt und verwirklicht, einen Arbeitskreis innerhalb unserer Schule ins Leben zu rufen.
Seit Ende 2013 widmen wir uns der Geschichte des heutigen Mehringhof-Gebäudes, dem Kontext des Themas Zwangsarbeit im Nationalsozialismus und im Speziellen bei der Messinglinienfabrik und Schriftgießerei H. Berthold AG.
Unsere Gruppe setzt sich aus Schüler*innen verschiedener Klassen und Jahrgangsstufen sowie einigen Lehrer*innen zusammen und ist offen für alle, so dass auch aus neuen Klassen Schüler*innen dazu gestoßen sind. Neben der konkreten Projektarbeit organisierten wir bislang Besuche z.B. zum Dokumentationszentrum Zwangsarbeit in Schöneweide, zum Haus der Wannseekonferenz und zu einer Führung durch das Bundesarchiv, an denen auch nicht am Projekt Beteiligte teilgenommen haben. Zuletzt waren wir im Januar 2015 mit einer kleinen Gruppe in Auschwitz, wo dem 70. Jahrestag der Befreiung gedacht wurde.
Wir haben für unsere Recherchen verschiedene Einrichtungen konsultiert, u.a. das Dokumentationszentrum für Zwangsarbeit in Schöneweide, das Landes- und Bundesarchiv, den ITS in Bad Arolsen sowie diverse Museen, gewerkschaftliche und Wirtschaftsarchive.
Darüber hinaus besteht reger Kontakt mit verschiedenen Historiker*innen, Fachjournalist*innen und Archivar*innen die uns u.a. bei methodischen Fragen zur Seite standen.

Unser Ziel

Ergebnis unserer Arbeit soll es sein, einen aktiven und offenen Ort der Erinnerung in Form einer Ausstellung entstehen zu lassen. SchülerInnen, LehrerInnen, Angestellte und BesucherInnen können sich dann dauerhaft in den Räumen der Schule mit der Historie und der Gegenwart des Mehringhofes auseinandersetzen.
Wir wollen mit unserer Arbeit auch anderen jungen Menschen Anreiz geben, sich mit der Geschichte zu beschäftigen, zu recherchieren, zu hinterfragen und in antifaschistischer Weise sensibel und aktiv zu sein.

Unser Ergebnis

Nach 21 Monaten Arbeit war es am 29. und 30. Mai 2015 soweit, wir konnten unsere Ausstellung und unser kleines Buch zur Geschichte der Schriftgießereien und der Zwangsarbeit bei der Berthold AG präsentieren. Am Freitag, den 29. Mai waren Vertreter*innen der Presse, die Personen und Institutionen, die uns bei den Recherchen unterstützt haben sowie die Projekte des Mehringhofes eingeladen. Die erste Etage des Mehringhofes, in der sich bis 1979 die Leitung und Verwaltung der Berthold AG befunden hat, war sehr gut besucht. Unsere Gruppe stellte ihre Arbeit vor und es kam zu einem regen Austausch sowohl über die Inhalte unseres Projektes als auch unsere Herangehensweise. Einen ausführlichen Projektbericht gibt es hier.

Die Ergebnisse unserer Recherche haben wir in einem kleinen Buch zusammengetragen:

Bleilettern aus Kreuzberg erobern die Welt. Faschismus, Zwangsarbeit und die Schriftgießerei H. Berthold; Hrsg. vom Arbeitskreis Berthold AG der Schule für Erwachsenenbildung e.V. Berlin 2015.

122 S., s/w-Abb., Broschur, 21 x 21 cm, Schutzgebühr 4,00 € zzgl. 2,00 € Versand (bei Sendungen ins Ausland 4,00 € Versand)

Anfragen telefonisch unter 030 / 693 70 48 oder per E-Mail: koa@sfeberlin.de

Die Ausstellung: Bleilettern aus Kreuzberg erobern die Welt

Die Ausstellung ist zu folgenden Modalitäten gebührenfrei ausleihbar:

Der Transport der Ausstellung muss von der interessierten Institution übernommen werden. Es handelt sich um 21 Tafeln im Format A-1 (Laminierte Plakate, Gewicht ca. 5 kg). Wir erheben eine Kaution von 200,00 €, die natürlich bei unbeschadetem Rückempfang der Ausstellung zurückerstattet wird.

Anfragen telefonisch unter 030 / 693 70 48 oder per E-Mail: koa@sfeberlin.de

Stimmen zu unserer Arbeit

„So wird Geschichte anschaulich und lebendig! Herzlichen Glückwunsch zum Ergebnis Eurer langen Spurensuche und vielen Dank für Euer Durchhaltevermögen. Es hat sich gelohnt!“ Gisela Wenzel, Historikerin, Berliner Geschichtswerkstatt e.V.

„Glückwunsch zu dieser Aufarbeitung in ‚eurem Haus‘! Ein gelungener Beitrag, die Geschichte, die erst in den Untergrund gestoßen und dann über Jahrzehnte dort gelassen wurde, endlich zu beleuchten und bewusst zu machen!“ Constanze Lindemann, Mediengalerie im Haus der Buchdrucker/Berlin

„… heute erreichte mich Ihre Publikation zur Berthold AG. Vielen Dank! Das ist ja eine erstaunliche Arbeit, bei der mich beim ersten Anlesen eine vertiefte Quellen- und Literaturrecherche beeindrucken. Da kann selbst ich wiederum davon profitieren und Anregungen für weitere Arbeiten davon gewinnen. Ich hoffe, Ihre begleitende Ausstellung findet viel Zuspruch.“ Andreas Hansert, Historiker aus Frankfurt/Main

“Beglückwünschen will ich Sie hier aber vor allem zu dem Projekt ‚Faschismus, Zwangsarbeit und die Schriftgießerei H. Berthold‘. Das Autorenteam hat hervorragend recherchiert und Bemerkenswertes zusammengetragen. ‚Grabe, wo du stehst‘ ist ein gutes Motto.” Silvia Werfel, Fachjournalistin für Typografie und Grafikdesign, Redaktion „Journal für Druckgeschichte”, Wiesbaden

„… ich gratuliere Ihnen und allen Beteiligten zur Fertigstellung der Ausstellung „Bleilettern aus Kreuzberg erobern die Welt“ und danke Ihnen sehr herzlich für die Zusendung eines Belegexemplars des Katalogs! Es ist beeindruckend, was Sie und Ihre Kollegen in nur 21 Monaten recherchiert und so fundiert zusammengetragen haben, dafür gebührt Ihnen meine Anerkennung und vollster Respekt. Sehr gerne würde ich mir die Ausstellung in Berlin anschauen … Ich hatte just mit Herrn Schmalfuß vom Technikmuseum gesprochen, der sich lobend über Ihre Ausstellung äusserte und von dem Katalog berichtete. Am selbigen Tag erhielt ich dann Ihre Sendung, das nenne ich fast schon Gedankenübertragung. Ich hoffe, die Ausstellung hat viele Besucher, die sich mit diesem wichtigen Thema auseinandersetzen und wünsche Ihnen allen weiterhin viel Erfolg.“ Kirsten Solveig Schneider, Kommunikationsdesignerin aus Hamburg

Links zu Presseartikeln über unser Projekt:

Der Anfang der Berthold AG

1858 gründete der 1831 geborene Hermann Berthold in der Wilhelmstraße sein erstes Unternehmen im Bereich der Drucktechnik, ein Institut für Galvanotypie, aus dem bald eine Messinglinienfabrik werden sollte. Die gute Auftragslage ließ das Unternehmen wachsen und machte schon nach wenigen Jahren den Umzug in ein größeres Gebäude notwendig. Hermann Berthold erwarb das Grundstück Belle-Alliance-Straße 88 (heute der Mehringdamm 43) und bezog 1869 das neue Gebäude, „wo auf dem Gartenteile des Grundstücks eine hinreichend große Fabrik erbaut worden war“, wie es in der von Hermann Hoffmann verfassten Festschrift „Das Haus Berthold 1858-1921“ heißt.
Aus diesem Buch stammt auch die Abbildung des Gebäudes von 1888.